Schritt für Schritt: Stecklinge produzieren

SCHRITT EINS

Selektiere eine starke, gesunde weibliche Mutterpflanze, die mindestens zwei Monate alt ist. Von krankheits- und schädlingsbefallenen oder blühenden Mutterpflanzen solltest Du keine Stecklinge nehmen.

BEACHTE: Wenn eine Sorte nur schwer klonierbar ist, spüle die Erde eine Woche lang jeden Tag mit ca. 8 Liter klarem Wasser pro 4 Liter Erde durch. Bevor Du die Stecklinge von der betreffenden Mutterpflanze schneidest – wird Stickstoff aus der Pflanze und aus der Erde gewaschen. Gute Drainage ist dabei natürlich wichtig. Schneide die Stecklinge von festen Trieben aus dem unteren Bereich der Pflanze.

SCHRITT ZWEI

Verwende eine scharfe, desinfizierte Rasierklinge oder Schere und führe den Schnitt in einem 45 Grad-Winkel durch den festen und gesunden Stängel, der 3–6 mm breit sein sollte. Setze den Schnitt in der Mitte eines Internodiums (Internodium = Stängelabschnitt zwischen zwei Nodien bzw. Verzweigungspunkten) an. Die Stecklinge sollten eine Länge von 3–5 cm haben. Achte darauf, den Stängel beim Schneiden nicht zu quetschen.

SCHRITT DREI

Schneide sorgfältig ein oder zwei (je nach Internodiumsdichte) untere Blattsätze ab. Schneide sie an den Nodien ab, dort, wo sie auf den Stamm treffen. Stecklinge bewurzeln sehr gut, wenn sich unter der Substratoberfläche ein oder zwei gestutzte Nodien und oberhalb davon zwei Blattsätze befinden. Während Du die Stecklinge schneidest, bewahre die geschnittenen Exemplare in einem Glas mit Wasser auf, bis Du mit der Arbeit fertig bist und die Stecklinge mit Bewurzelungshormonen präpariert und eingepflanzt werden können.

SCHRITT VIER

Halbiere die verbleibenden Blätter, um die Transpirationsoberfläche zu verringern und Überlappung zu vermeiden. Schimmelfördernde Feuchtigkeit sammelt sich oft zwischen sich überlappenden Blättern an. Benutze eine Schere, um die Blätter zu halbieren. Die Verdunstungsoberfläche wird dadurch reduziert, aber die Pflanzen haben dann immer noch genug Blattsubstanz zum Überleben. Durch das Halbieren wird auch verhindert, dass die Blätter Bodenkontakt haben, wodurch Fäulnis und anderen Krankheiten vorgebeugt wird.

SCHRITT FÜNF

Suche Dir ein Bewurzelungssubstrat aus (siehe Bewurzelungssubstrate, Seite 65). Sättige das Substrat oder den Bewurzelungswürfel mit Wasser. Benutze einen nicht angespitzte Bleistift, Nagel o. Ä., um ein Loch in das Bewurzelungssubstrat zu machen, das etwas größer sein muss als der Stängelumfang des Stecklings. Das Pflanzloch sollte ca. 1,5 cm über dem Topfboden enden, damit noch etwas Platz nach unten, für das Wurzelwachstum bleibt.

SCHRITT SECHS

Die Verwendung flüssiger Bewurzelungshormone

Verwende bei der Stecklingsproduktion stets Bewurzelungshormone (siehe Bewurzelungshormone, Seite 66). Lese stets aufmerksam die Anleitung und befolge die Anweisungen. Gieße vor der Anwendung eine kleine Menge des Bewurzelungshormons in einen separaten Behälter, in den Du die Stecklinge dann eintauchen kannst. Vor der Anwendung muss das Bewurzelungshormon gegebenenfalls verdünnt werden. Für weich holzige Stecklinge sollte stets eine verdünnte Lösung verwendet werden. Lasse jeden Steckling 5–15 Sekunden in der Hormonlösung kreisen. Stelle sicher, dass die Lösung gleichmäßig in den Stängel eindringen kann. Dann setzt Du die Stecklinge in das vorbereitete Pflanzloch im Bewurzelungssubstrat. Verschließe das Loch anschließend wieder behutsam mit dem Bewurzelungssubstrat. Tauche den Stängel gemäß der Anleitung in das Gel. Stelle sicher, dass der Stecklingsabschnitt, der sich nach dem Einpflanzen unter der Oberfläche befindet, vollständig mit Gel bedeckt ist. Beim Einpflanzen sollte man den Stängel besonders vorsichtig mit Substrat bedecken.

Wälze den Stängel in dem Bewurzelungspulver, sodass der später unter der Substratoberfläche befindliche Teil komplett bedeckt ist. Beim Einpflanzen sollte man den Stängel besonders vorsichtig mit Substrat bedecken, und es dabei vermeiden, die Pulverschicht zu beeinträchtigen.

SCHRITT SIEBEN

Wässere das Bewurzelungsmedium leicht und halte die Oberfläche stets gleichmäßig feucht. Die ersten Tage sind in Sachen Feuchtigkeit die kritischsten. Die Stecklinge haben noch keine Wurzeln, um Wasser zu den Blättern zu transportieren. Sie nutzen zunächst die Feuchtigkeit aus den Blättern und dem abgeschnittenen Stängel, bis die Wurzeln die Wasserversorgung übernehmen. Bewässere so, dass das Wachstumsmedium stets gleichmäßig feucht ist. Vermeide, dass es sich komplett voll saugt, und wenn dies passieren sollte, entferne das überschüssige Wasser sofort wieder.

SCHRITT ACHT

Markiere jeden Steckling nach dem Einpflanzen mit einem Schild. Wenn Du in einer Kiste oder einem Tray nur eine einzige Sorte hast, brauchst Du nur die Kiste zu beschildern.

SCHRITT NEUN

Gib den Stecklingen täglich 18–24 Stunden fluoreszierendes Licht. Stelle sie in einem Abstand von 10 bis 15 cm zu den ein bis zwei Röhren auf. Fluoreszierende Leuchten mit Cool-White-Spektrum oder eine Kombination von Warm und Cool-White-Leuchten sind hervorragend für die Bewurzelung geeignet. Wenn die Stecklinge unter HID-Licht gestellt werden müssen, stelle sie am Rand des Gartens auf, sodass sie weniger intensives Licht erhalten, oder schattiere sie mit einer Sichtblende wie z. B. lichtdurchlässigem Tuch, Sichtschutzfolie oder Gartenbaudeckvlies. Stelle die Stecklinge in einer Entfernung von 1,2-1,8 m zu einer 400 oder 1000 Watt starken Metallhalogendampflampe auf.

SCHRITT ZEHN

Gib den Stecklingen 95–100 % Luftfeuchtigkeit in den ersten zwei Tagen nach dem Schneiden. Dies ist die kritischste Phase, wenn der Steckling über den beim Schneiden erlittenen Schock hinwegkommen muss. Reduziere die Luftfeuchte nach 3–4 Tagen dann nach und nach auf 80–85 %. Ein Mini-Gewächshaus oder Feuchtigkeitszelt hilft, die Feuchtigkeit hochzuhalten. Ein Feuchtigkeitszelt kann man aus Plastiktüten, festem Plastik oder Glas konstruieren. Achte darauf, Öffnungen zu lassen, durch die die Luft in das Zelt hinein und wieder herausströmen kann, sodass die kleinen Stecklinge gut belüftet sind. Als Alternative zu einem Feuchtigkeitszelt kann man die Stecklinge auch mehrmals täglich mit Wasser einnebeln. Manche Grower nebeln ihre Stecklinge auch dann ein oder zweimal am Tag ein, wenn sie unter einem Feuchtigkeitszelt stehen. Krankes, faulendes oder totes Pflanzenmaterial muss entfernt werden. Sorge dafür, dass die Blätter keinen Kontakt mit dem Boden haben.

Durch das Benebeln mit Wasser wird das Blattwerk gekühlt und die Verdunstungsrate reduziert, was den traumatisierten Stecklingen dabei hilft, gut mit ihrem eigenen Feuchtigkeitskontingent zu haushalten, bis die Wurzeln gebildet sind und mit der Wasserversorgung beginnen. Stelle die Stecklinge an einem warmen Ort auf, sodass die Lufttemperatur auf einen optimalen Wert gebracht werden kann.

SCHRITT ELF

Wenn das Substrat einige Grad wärmer als die Lufttemperatur ist, wird dadurch der Bewurzelungsprozess beschleunigt. Ein wärmeres Substrat steigert die chemischen Aktivitäten im Boden, und eine geringere Lufttemperatur reduziert die Wasserverdunstung der Blätter. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, sollte man die Temperatur im Substrat zwischen 24 und 27 °C halten. Bodentemperaturen über 29 °C führen möglicherweise zu einer Beschädigung der Wurzeln. Halte die Lufttemperatur um 3 bis 5,5 °C niedriger als die Substrattemperatur.

SCHRITT ZWÖLF

Im Idealfall verwelkt keiner der Stecklinge. Einige Stecklinge schwächeln anfangs womöglich etwas und welken leicht, sie erholen sich aber in der Regel innerhalb weniger Tage. Stecklinge, die nach sieben Tagen immer noch welken, wachsen langsam und können zum Problem werden. Gib solchen Pflanzen länger die Möglichkeit, die Bewurzelung durchzuführen. Wenn sie fortgesetzt langsam wachsen oder irgendwo zu faulen anfangen, sollten sie entfernt werden.

SCHRITT DREIZEHN

Das neue Wurzelsystem wird innerhalb von ein bis drei Wochen aus dem eingepflanzten Stängel hervorsprießen. Innerhalb von 10 bis 21 Tagen sollten die Wurzeln aus den Bewurzelungswürfeln herausgewachsen und somit sichtbar sein. Anzeichen dafür, dass das Wurzelwachstum eingesetzt hat, sind gelbe Blattspitzen, aus den Drainagelöchern, herausgewachsene Wurzeln und vertikales Wachstum der Stecklinge. Um das Wurzelwachstum in Trays oder Töpfen zu überprüfen, muss man den Steckling samt Wurzelballen sehr vorsichtig aus dem Behältnis nehmen. Schon bald, nachdem man sie geschnitten hat, sehen Stecklinge normalerweise stark und gesund aus. Nach fünf bis sechs Tagen ändern die Blätter möglicherweise ihre Farbe. Die Blätter bleiben klein und entwickeln oftmals ein dunkleres Blattgrün als vorher. Nach ungefähr einer Woche kann es sein, dass die unteren Blätter gelblich werden, weil ihr Nährstofflevel abgesunken ist. Die Stecklinge verwenden alle ihre Ressourcen, um den Feuchtigkeitsfluss in der Pflanze in Gang zu halten und neue Wurzeln zu bilden. Vergilbungserscheinungen an den unteren Blättern bedeuten keineswegs, dass die Pflanze im Absterben begriffen ist. Jegliche Anzeichen von Schleim, Schädlingen oder anderen Krankheiten bedeuten, dass es Probleme gibt. Solchermaßen befallene Pflanzen sollten entfernt werden.

SCHRITT VIERZEHN

Pflanze nur die stärksten, am besten bewurzelten Stecklinge um, deren dichtes Wurzelwerk aus den Seiten und dem Boden der Bewurzelungswürfel herausgewachsen ist. Langsam bewurzelnden Stecklingen mit kleinem Wurzelwerk sollte noch mehr Zeit zur Bewurzelung gegeben werden. Stelle die Stecklinge nicht unter intensives Grow-Licht, bis sie ein solides Wurzelwerk gebildet haben. Sobald sie umgepflanzt worden sind, sind die Stecklinge bereit dazu, abgehärtet zu werden und in den Grow-Raum oder an einen Freilandstandort versetzt zu werden.
Richte für die bewurzelten Stecklinge eine vegetative Anbaufläche ein, die mit einer HID-Lampe oder CFL-Leuchte beschienen wird. Hier sollten die Stecklinge die ersten ein bis zwei Wachstumswochen verbringen. Die Fläche muss groß genug sein, um die Pflanzen bei einer Größe von anfangs ca. 10 cm bis später ca. 30 cm aufnehmen zu können, bevor sie groß genug sind, um in den Blüteraum versetzt zu werden.

Umpflanzen

Pflanze die Stecklinge um, bevor sie zu groß für ihren Topf geworden sind, sodass sie nahtlos mit schnellem Tempo wachsen können. Eingezwängte Wurzeln mit zusammengedrängtem Ballen führen zu gehemmt wachsenden, kränkelnden Pflanzen. Solche Pflanzen erkennt man an langsamem, schwächlichem Wachstum und Zweigen mit gestreckten Internodien. Stark wurzelgehemmte Pflanzen neigen dazu, primär in die Höhe zu wachsen und nur wenig Seitenverzweigung auszubilden. Um die Wurzelzone auf Platzmangel hin zu überprüfen, nimm den Wurzelballen vorsichtig aus dem Topf heraus und schaue nach, ob die Wurzeln sich bereits zu einer Art Matte vereinigt haben oder Wurzelringe entlang der Topfwände gewachsen sind. Ein leicht trockener Wurzelballen lässt sich meist am besten aus dem Topf herausnehmen. Je stärker der Wurzelballen, desto leichter kann man die Pflanze entnehmen. Die Pflanzen müssen ein stabiles, starkes Wurzelwerk entwickelt haben, um die Prozedur des Herausnehmens aus dem Topf heil überstehen zu können! Wenn Du eher kleine Pflanzen anbaust, die innerhalb von 90 Tagen zur Reife gelangen, werden eigentlich keine größeren Töpfe als solche mit 11 Liter Volumen benötigt. Eine große Mutterpflanze hingegen braucht auch einen großen Topf, weil sie in diesem viele Monate verbringen muss.

  1. Bewässere die Stecklinge, bis das Wasser aus den Drainagelöchern herausfließt. Dann befüllst Du die Töpfe mit Substrat und wässerst auch dieses.
  2. Drehe jeden Topf vorsichtig auf den Kopf und schüttel die Stecklinge mit dem Wurzelballen behutsam in Deine andere Hand.
  3. Setze den Wurzelballen sorgfältig in ein vorgefertigtes Pflanzloch im Substrat des neuen, größeren Topfs.
  4. Bedecke den feuchten Wurzelballen mit Substrat und gieße die umgepflanzten Stecklinge gründlich mit einer Lösung an, die Vitamin B1 enthält und so den Umpflanzschock abmildert.

Füge, falls erforderlich, noch etwas mehr Substrat hinzu. Benutze eine Sichtblende wie z. B. Sichtschutzfolie oder Gartenbau-Abdeckvlies, um das Licht abzuschwächen, wenn Du einen kleinen Grow-Raum hast und die Pflanzen nicht weit genug entfernt von der HID-Lampe aufstellen kannst. Es dauert ein bis vier Tage, bis sich die Pflanzen von dem Umpflanzschock erholt haben. Beginne zwei bis drei Tage nach dem Umpflanzen mit der Düngung, die zunächst noch mild ausfallen sollte. Halte das Substrat feucht, aber nicht tropfnass. Wenn Du Steinwollwürfel in Erde einpflanzt, lasse die Würfel nicht zu nass werden, weil dann die Wurzeln nicht in die Erde hineinwachsen würden. Halte die Luftfeuchtigkeit bei 70–80 %. Die kleinen Ladies sollten schnell munter werden und innerhalb einiger Tage die ersten Wachstumsanzeichen zeigen. Sobald der erste Steckling umgepflanzt worden ist, wiederhole diesen Prozess mit dem nächsten. Wenn Du jeden Arbeitsschritt oft genug gemacht hast, wirst Du das Ganze wie am Fließband erledigen können. Stelle die umgepflanzten Pflanzen für die ersten ein oder zwei Tage noch an den Rand des HID-Gartens, bis sie sich erholt haben und die ersten Wachstumsanzeichen zeigen.

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